Fotos aus Churin
Ich sitze mal wieder im Bus. Was sehe ich ? Lauter kleine Kastenhäuser, unverputzte Mauern, es erscheint mir provisorisch. Ein Mann geht durch den Bus, dunkle Augenringe, raue Hände. Er klimmert mit Geld in der Hand. Er will mein Fahrtgeld einsammeln. Der Bus hält, mir rauer Stimme schreit er : "Baja, baja" und treibt zur Schnelligkeit an, dabei können die Menschen auch nicht mehr als aussteigen. Ich schaue in müde Gesichter oder sehe Menschen, die beim Schlafen ungesund ihren Hals abknicken. Neue Menschen steigen ein. An den Haltestelle tümmeln sich viele Menschen die an den kleinen, zahlreichen Ständen ihr Frühstück kaufen. Was sehe ich? Ein Restaurant reiht sich an das andere. Essen ist hier ein großen Thema. Es hat hier eine bedeutendere Wichtigkeit.
Ich liebe diesen Bus. Es ist einer von den großen, wo ich nicht immer Gefahr laufe meinen Kopf zu stoßen. Es ist die Linie 96B Chorrillos / San Juan de Lurichgancho. Er fährt über die Autopista und nicht durch die vollen Straßen, da brauche ich bei wenig Verkehr nur 50 Minuten nach Chorrillos und es ist der direkte Weg. Neben mir sitzt eine Frau, die aufgeregt telefoniert, typisch peruanisch, erst die Sprechmuschel an den Mund halten und dann zum Hören ans Ohr halten, sehr seltsam. Eine ältere Dame lächelt mich an, wie es mir gehen würde, ob mir die Physalis gut schmecken würde, sie wäre sehr fruchtig, ich bejahe. Während der Fahrt kommen drei Menschen herein, darunter ein Kind. Sie singen oder erzählen ihre bedrückende Lebensgeschichte, je nach dem wie gut sie es verpacken kaufen die Menschen im Bus die Süßigkeiten, die sie anbieten. Ich denke, egal ob die Geschichte jetzt stimmt oder nicht, sie sind so oder so schon soweit, dass sie im Bus Bonbons verkaufen müssen. Heute sind meine Lieblingssüßigkeiten nicht dabei, die kleinen Ernüsse mit einer karamelisierten Hülle, ähnlich wie Weihnachtsmandeln. Es ist komisch, ich trage Ballerinas und eine dünne Stoffhose und bin genervt vom ständigen Klimawechsel (heiß, kalt, heiß kalt>Frühling) und im Radio läuft Weihnachtsmusik. Ich steige aus und mir kommt es vor als wäre ich 20 Minuten gefahren. Ich bin immernoch verblüfft, dass der nette Busfahrer mich wieder erkannt hat. Drei mal hätte er mich schon gesehen, wo ich denn herkommen würde und er kenne Rom und bald würde er in die Schweiz fahren. Ich ertappe mich dabei, wie ich denke: "ein Busfahrer hat die finanzielle Möglichkeit in die Schweiz zu fliegen?". Ich sehe soviele Menschen und für mich sind sie so anonym, doch mich erkennen sie wieder.
Ich gehe die Straße entlang,es ist halb zehn,es ist dunkel und trotzdem sind viel mehr Menschen auf der Straße als am Mittag. Ich verspüre keine Angst, trotzdem blicke ich aufmerksam um mich, mir kommen Menschen entgegen. Ein Mann groß, dunkle Augen schwankt, kommt beim Vorbeigehen ungewöhnlich nah, ich schlucke, mein Herz klopft. Ich bin jetzt hier auf vieles gefasst. Ich sage immer, ich habe keine Angst, aber Respekt. Ich frage mich, ob die Menschen manchmal bemerken oder begreifen, dass wir sie als Bedrohung ansehen. Wenn wir einfach nur am einem Plaza sitzen und ein einzelner Mann um uns rum geht, kann man den Gedanken an die Gefahr nicht unterdrücken, dabei könnte er genauso nur auf jemanden warten und möchte sich die Füße vertreten. Ich bin zwiegespalten, eigentlich kann ich die Gefahr hier nicht ausmachen, ich glaube nicht wirklich dran, obwohl jeder zweite Satz von jeder Person, heißt: "Pass auf, es ist so gefährlich". Und dann fühle ich mich wieder gut vorbereitet falls was passiert.
Wir gehen in die Disko, Flecken auf der Jacke, den Schlabberpulli an, Chucks, doch hier ist das kein Problem. Wir haben den Gringobonus. Auch wenn ich mich ein wenig underdressed fühle, die Blicke haben wir trotzdem für uns. Ich habe hier in Peru noch nicht ein mal Eintritt bezahlt. Noch finde ich es sehr schwierig die Peruaner zu beschreiben. Entweder sind es die Reichen, die aber nicht verstehen würden, warum ich in San Juan leben, die waren wahrscheinlich noch nicht ein Mal in ihrem Leben hier oder die Menschen aus meinem Viertel sind dann wieder zu verschieden. Wir suchen noch nach coolen Menschen, einen guten Club haben wir schon gefunden,jedoch la gente falta....
Ich gehe auf den Markt. Verschiedene Gerüche steigen mir in die Nase, Gebratenes, frischer Fisch, Fleisch. Ich verdränge den Gedanken der Hygiene, als ich sehe, wie die Verkäuferin das Fleisch schneidet und wie sie es verpackt oder auch nicht verpackt und ich begebe mich schnell in den Gang mit dem Obst. Allerlei habe ich zur Auswahl, doch bleibe ich meistens bei meinen Favoriten: Mango, Kiwi, Banane, Physalis, Weintrauben. Dann noch einen frisch gepressten Orangensaft zum mitnehmen, nix da in einen Becher, schön in eine Plastiktüte mit Strohhalm. Ich bleibe beim Stand mit den Filmen stehen. Es gibt eine riesige Auswahl, man kann auch bestellen. Schwarzmarkt, aber ganz öffentlich. Ich zahle 2,5 Sol für einen Film, circa 0,50€. Ich finde Müll in meiner Tasche und kann mich mal wieder nicht überwinden ihn auf die Straße zu werfen, so wie es hier üblich ist. Es gibt aber auch keine Mülleimer.
Ich schaue auf meine Finger, sind rau vom ganzen Spülen, trotz ständigem Eincremen. Der Staub setzt sich in der Haut ab. Ich komme am großen, braunen Holztor von Chorrillos an. Die Tür wird mir geöffnet, dahinter befindet sich ein grünes Paradies.
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