Montag, 29. August 2011

Das andere Lima

Gerade bin ich mit voller Euphorie nach Hause gefahren. Ich konnte das erste mal nach der Arbeit mit dem Bus alleine nach Hause fahren. Ein Highlight.
Ich kann nur sagen, es wird.
Der Alltag im Kindergarten pendelt sich ein und ich habe langsam meine Aufgaben und meinen Platz gefunden. Auch die Kommunikation klappt besser, auch wenn es sehr stark von meiner Stimmung, meiner Muedigkeit oder der Tageszeit abhaengt, wie gut oder auch schlecht ich spreche.
Mein Tag
Morgens werde ich immer um circa 7.25 Uhr abgeholt, von einer Kindergaertnerin. Im Kindergarten trudeln nach und nach alle Kinder ein. Freispiel folgt und die Kindergaertnerinnen und ich bereiten eine Mahlzeit vor, die dann gegen 10 Uhr gegessen wird. Dann spielen die Kinder draussen. Danach gibt es noch einen Stuhlkreis, eine Geschichte und meistens noch eine Kleinigkeit zum essen, wie zum Beispiel den selbstgemachten Kuchen.
Gegen 12.30 Uhr werden die meistens abgeholt. Fuer mich heisst es dann: Aufraeumen, Spuelen und Fegen. Danach esse ich selbst mit Alessa, es wird von den Maestras (Kindergaertnerinnen) gekocht. Es ist immer sehr sehr lecker und gesund. Zwei oder drei Tage in der Woche habe ich dann Schluss, so gegen 14 Uhr. Die anderen Tage verbleibe ich dann noch in der Nachmittagsgruppe bis 17 Uhr. Eine deutlich kleinere Gruppe, mit vielen geistig oder psychisch behinderten Kinder. Sehr viel entspanntere Atmossphaere und nicht so stressig,  denn morgens in der Gruppe von Dora sind es 27 Kinder plus Isabell, Dora und ich. Tja soviel zu meinem Tagesablauf. Der Kindergarten ist zwar sehr klein fuer so viele Kinder, aber sehr schoen. Es gibt einen klaren und immer gleichen Rythmus, Holzspielzeug und Bloeckchen. Waldorf eben. Nebenbei muessen Alessa und ich 100 Zwerge fuer eine Tombola basteln, etwas knifflig und aufwendig.
Mein Wochenende
Am Freitag ging es dann raus aus unserem Viertel. Wir sind nach Chorillos, ein anderes Viertel in Lima gefahren. Dort sind acht weitere Freiwillige in einem Projekt mit behinderten Menschen. Das Viertel ist sehr viel sicherer und die Einrichtung sehr sehr schoen. Zu zehn Leuten wohnen alle Freiwilligen in einer Art WG, eine ganz anderes Peru als bei uns in den Familien. Es war echt ein toller Ausflug,einfach rausgehen zu koennen, alleine einkaufen zu koennen, sich austauschen mit den anderen Freiwilligen.Wir waren in Miraflores, dass Reichenviertel in Lima. Sehr europaeisch, es gab Starbucks und wir wurden nicht mehr angestarrt, denn dort ist es normal, dass es auch Weisse gibt :) Abends waren wir feiern und morgens wurden wir schon wieder von Rocio und ihrer Familie abgeholt. Es folgte ein Ausflug zum Pazifik, Miraflores und Barranco. Barranco ist das Studentenviertel am Meer gelegen mit sehr vielen alten Gebaueden. Mir hat es dort gut gefallen. Es gibt also auch ein schoenes, aestehtisches Lima mit Flair, denn Miraflores erinnert mich an einen zwanghaft geplegten Kurort, obwohl wir uns ueber das Gruen der Wiesen und Baeume zur Abwechslung gefreut haben. Lima liegt einfach in der Wueste. Nach einem typisch peruanischen Mittagessen im Restaurant folgte die  Heimfahrt. Der Unterschied, sobald wir wieder in unserem Viertel waren, ist deutlich und etwas erschreckend. Ich gewoehne mich anscheinend unheimlich schnell an mein Umfeld. Jedoch bin ich froh, beide Seiten von Lima kennen zu lernen, denn San Juan de Lurichgancho (mein Viertel) besitzt seinen ganz eigenen Flair, auch wenn er vielleicht etwas versteckt ist.

Bald mehr, liebste Gruesse

Mittwoch, 24. August 2011

Ein Lebenszeichen...

Nun endlich ein Lebenszeichen von mir. Da es bei mir in den letzten Tagen drunter und drueber ging und ich kein Internet zu Hause hatte erst jetzt einen ausfuehrlichen Bericht von mir.
Nach 20 Stunden anstrengendem Flug kommen Alessa und ich in Lima an (Frankfurt, Düsseldorf,
Caracas Lima). Das Wetter ist nicht wirklich freundlich, 16° C und Nieselregen, waren es in
Caracas noch 33° C. Freundlich werden wir von zwei Kindergärtnerinnen empfangen. Nach
gefühlten 100 Fragen von netten kleinen Peruanern, ob wir nicht ein Taxi brauchen, bringen uns
Dora und Carina mit dem Auto zu unseren Gastfamilien. Alessa und ich sind ja kleine
Sicherheitsfreaks und deswegen war die Nachricht, dass sich alles bezüglich unserer Gastfamilien
geändert hat, erstmal ein Schock. Nun haben wir völlig falsche Gastgeschenke :). Alessa wohnt
ganz nah am Kindergarten, ich leider etwas weiter weg und muss morgens mit dem Bus dorthin
fahren. Mein Zimmer war erst einmal sehr gewöhnungsbedürftig. Ein dunkles, muffiges, klammes
Provisorium. Mit deutschen Augen schockierend. Genauso wie das gesamte Viertel. Die typischen
Bilder wie Wellblechdächer, Schmutz und Dreck auf den Straßen, unbefestigte Straßen, nicht fertig
gebaute Häuser sind hier überall zu sehen. Obwohl man meint, damit zu rechnen oder es schon mal
gesehen zu haben, ist es krass. Völlig ungewohnt. Wenn ich aus meinem Zimmer komme schaue ich
auf ein circa 3m hohes Tor mit Stacheldraht oben drauf. Es ist etwas beängstigend, jedoch viel
schlimmer ist, nicht einfach raus gehen zu können. Bis jetzt wurde ich immer abgeholt und wieder
nach Hause gebracht, ich hoffe, dass ich nach einer „Eingewöhnungszeit“ auch alleine fahren kann,
zumindest bis 20 Uhr versteht sich, danach geht nämlich gar nichts mehr :).Ich habe ein eigenes
Bad, jedoch fehlt noch der Wasseranschluss, weshalb dass Duschen noch schwer fällt. Generell sind
die Häuser hier auf den Sommer ausgelegt. Isolierung ein Fremdwort und die Terasse ist das
Wohnzimmer. Momentan ist das Wetter eher ungemütlich kalt nass, also nicht wirklich kalt, jedoch
sind die Peruaner in Daunenjacken, Mütze und Handschuhen gekleidet, Winter halt bei 15° Grad.
Bald wird es warm!
Meine Gastfamilie besteht aus meiner Mutter Rosalia mit ihren drei Kindern.
Cielo 4, Marjori 8 (keine Ahnung, wie man das schreibt, viel zu viele Namen hier zu merken). Die
beiden sind unglaublich süß, wie fast alles Kinder hier. Der dritte im Bunde ist älter, jedoch wusste
ich bis zu diesem Moment nichts von seiner Existenz, er kam gerade in die Küche rein. Ich habe
auch die Großmutter kennen gelernt, jedoch weiß ich nicht, ob sie hier wohnt. Wo wir schon beim
Punkt wären. Eigentlich weiß ich nicht sehr viel. Momentan erscheint es mir hier eher wie eine
Pension , nicht wie eine Familie. Ich hoffe, dass kommt noch, da ich ja extra eine Gastfamilie
gewählt habe um Anschluss zu haben. Jedoch ist es verständlich, da meine Mutter hier viel arbeitet.
Heute ( Donnerstag) war mein erster Arbeitstag, nachdem ich gestern schon mal da war und mir
alles angeguckt habe. Der Kindergarten liegt hinter gelben Mauern verborgen, direkt an der Straße
und ein hell braunes großes Holztor ist der Eingang. Das erste Mal als ich hineingegangen bin, hat
mich der Anblick direkt aufgemuntert. Der Kindergarten erschien mir als eine kleine Oase inmitten
des trostlosen Viertels. Die Freundlichkeit der Erzieherinnen, der Mütter und der Kinder ist
überwältigend. Sofort wird man gedrückt und geknutscht als ob man sich schon ewig kennt. Eine
sehr sehr schöne Geste und Atmosphäre. Ich bin in Doras Gruppe, es sind zwei Erzieherinnen plus
meine Wenigkeit und 27 Kinder. Generell sind die Räume sehr klein. Nicht zu vergleichen mit den
Räumlichkeiten in Deutschland, aber es klappt trotzdem. Das Gelände und die Räume sind sehr
liebevoll gestaltet (jedoch fehlt auch viel)  und auch die Erzieherinnen sind engagiert und liebevoll dabei. Als blonder,hellhäutiger Riese, war ich schnell der Magnet in der Gruppe und auch wenn es mit dem
Verständnis noch etwas hakt, klappt es doch super über die nonverbale Verständigung. Ich finde
mich direkt in Kindertrauben wieder, die mit mir Vater, Mutter Kind, Fangen oder ähnliches spielen
wollen.
Gestern waren wir in der „City“ von unserem Viertel. Geld abheben und Einkaufen. Ein großes
Einkaufshaus, einer Mall ähnlich, wo es wirklich fast alles gibt. Auf den Straßen halten sich viel
mehr Menschen auf und es gibt soviele Kinder und junge Eltern. Ich fühle mich nicht unsicher oder
bedroht, jedoch verunsichern einen die starrenden Blicke sehr. Und ich meine jetzt wirklich
starrend. Ich fühle mich wie ein Außerirdischer. Ist aber auch verständlich, ich bin ungefähr
mindestens zwei/ drei Köpfe größer, blond und hell und ich habe bis jetzt noch keinen anderen
Weißen hier gesehen. Also sind wir schon eine kleine Attraktion.
Soweit so gut, es sind erst zwei Tage und schon so viele Eindrücke. Ich hoffe bald habe ich die
chronische Müdigkeit und den Kulturschock etwas mehr verdaut, denn wenn ich ehrlich bin liegt
der mir doch sehr im Magen.
Nachdem ich diese Zeilen geschrieben hatte folgten die naechsten Tage und es  aenderte sich viel. Ich habe sehr viele Gefuehlsschwankungen.
Dienstag 23.08.2011
Jetzt bin ich knapp eine Woche hier. Es kommt mir vor wie drei Wochen, es sind einfach soviele Eindrücke, dass ich mich die ganz Zeit wie beduselt fühle. Ich kann zwar noch nicht wírklich behaupten mich vollkommen eingelebt zu haben, jedoch der Blíck aus dem Fenster, auf die staubigen Straßen ist nich mehr ungewohnt und der Ablauf im Kindergarten wird langsam deutlich. Ich muss nochmal kurz erwähnen wie unglaublich süß die Kinder sind. Und auch die Gastfreundlichkeit haut mich immer wieder um. Ich bin viel bei Alessa und die Mutter hat mich gleich mit adoptiert, ganz verständlich für sie.
Meine Wohnsituation hat sich dahingehend geändert, dass ich die Familie wechseln werde, obwohl ich die Familie jetzt auch besser kennen und lieben gelernt habe. Die Mutter ist doch nicht alleinerziehend, jedoch sehr im Stress, da ihr Mann momentan im Krankenhaus ist. Ich werde aber trotzdem wechseln, denn ich habe mich zwar schon an das Zimmer gewöhnt, doch Wohlfühlen werde ich mich doch eher nicht und eine kleine Erkältung hab ich auch schon von der Kälte. Jedoch lebe ich mich immer mehr ein und der Wechsel zieht sich noch etwas hin, etwas unangenehm, da ich die Familie jetzt schon so lieb gewonnen habe.
Am Wochenende waren wir in Lima Zentrum. Nicht bedeutend schöner, wir waren doch sehr beeindruckt, ob negativ oder positiv ist schwer zu sagen. Der Blick von San Cristobal ( eine Anhöhe, die 500m über Lima liegt ), war sehr sehr beeindruckend. Eine 8 Millionenstadt in weißen Nebel gehüllt. Danach waren wir nicht nur von der schlechten Luft, auch von den vielen Eindrücken etwas benebelt. Es gibt hier keine vernuenftigen Daecher, da es hier nie regnet, deswegen sind auch alle Haeuser nicht fertig gebaut.
Tja, eigentlich sind wir immer beschäftigt hier. Wir waren gestern bei einem Fest in der Waldorfschule San Micael, nicht weit von hier. Und wir haben Gabriel getroffen, den Freiwilligen, der vor uns hier war. Er hat uns ein wenig Mut gemacht. Ein wenig abwarten, drauf einlassen und bald haben wir den dreh raus, wie wir uns auch alleine fortbewegen können.
Wir muessen viel arbeiten und danach sind wir meistens zu kaputt um noch viel zu machen, jedoch geht das momentan auch noch nicht, da wir nicht alleine mit den Bussen fahren duerfen. Uns fehlt noch die Orientierung. Generell geht es mir gut, da sich langsam alles ein wenig einpendelt, jedoch liegt mir die ungeklaerte Wohnsituation und die stetige Kaelte noch etwas im Magen. Ich kann die erste Zeit einfach nur als wechselhaft beschreiben. Mal bin ich euphorisiert, da mein Spanisch gut klappt und mal werde ich ungedulig und moechte das sofort alles perfekt ist. Abwarten und Tee trinken.
Ich werde bald wieder schreiben. Hasta pronto
Luisa

Montag, 15. August 2011

Es ist vollbracht...

Welch Wunder. Ich hatte nicht wirklich Probleme beim packen. Nun liegt mein prall gefüllter 16 kg schwerer Reiserucksack und ein kleiner Koffer mit circa 16kg in meinem Zimmer. Meine 46 kg, die ich mitnehmen kann sind noch nicht annähernd voll. Alles Organisatorische ist organisiert und ich kann entspannt ins Bett fallen. Ich bin hundemüde und gehe heute früh ins Bett, denn morgen heißt es 5 Uhr aufstehen.
Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich mich auf die Abschiedsszenen am Flughafen freue, doch ich freue mich, dass es endlich los geht!
Nun hoffe ich nur, dass ich an alles gedacht habe und das ich samt meinem Gepäck heile in Lima ankomme.
Meine deutsche Handynummer gibt es ab morgen nicht mehr, also bin ich nur noch über Facebook oder Email erreichbar.
Adios. Hasta pronto,  Luisa


Samstag, 13. August 2011

Über "Kennlernspiele" und Gruppendynamiken...

Zehn Tage Vorbereitungsseminar in Tübingen liegen hinter mir. Mit gemischten Gefühlen reiste ich in die idyllische Kleinstadt. Tja, zehn Tage, danach direkt mein Abflug. Möchte ich die Zeit nicht lieber mit Freunden und Familie verbringen?!

Mit 70 Leuten bezogen wir die Jugendherberge (direkt am Neckar gelegen) und begegneten 70 jungen Menschen aus ganz Deutschland, die alle das Selbe vorhaben. Ein Jahr Südamerika, arbeiten in sozialen Projekten. Unzählige Kennlern-Spiele, Workshops, Gruppenarbeiten folgten. Wir hatten jeden Tag ein klar strukturiertes Programm, das uns die Kultur und unsere Aufgaben in unseren Länder näher bringen sollte,jedoch hatte es fast nie einen Schulcharakter. Das Seminar heißt nicht umsonst Vorbereitungsseminar. Ich habe viele persönliche Erfahrungen von Teamer gehört, tolle interessierte Menschen getroffen, deren Charakter auf eine Weise ganz unterschiedlich und doch wieder so ähnlich war.
Das Seminar hat mir geholfen mich ein bisschen besser auf das kommende Jahr vorzubereiten, aber vor allem habe ich viele nette Leute kennengelernt, mit denen ich auch in Lima viel zutun haben werde. Das macht mir den Abschied leichter und die Freude auf das Jahr wird immer größer, auch, wenn ich wieder mit gemischten Gefühlen nach Hause gefahren bin. Das Seminar war so intensiv, rundum schön, inspirierend und interessant, sodass die Euphorie die Abschiedsstimmung verdrängt hat.
Jetzt ist es ein Wechselbad der Gefühle. Traurige Abschiede, etwas gedrückte, gestresste Stimmung, treffen auf meine Freude und meine Erwartungen.
Der Abflug ist nun greifbar nah und trotzdem realisiere ich immernoch nicht, dass ich das nächste Mal aus Peru berichten werde.
Liebste Grüße Luisa

P.S. Mein Spendenkreis ist vollständig :) Vielen,vielen Dank!